Anriss eines Querschnitts zu Nomaden und Kontext


theoretische Links und Hintergründe




nomaden

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walk - 273337.1

klammer.li - 251443.1 Die Perspektive des 21. Jhdts ist die nomadische klammer.re - 251448.1




Das neue Nomadentum:
Der Wind hat sich nicht nur um uns herum orkanartig erhoben und unsere Dörfer hinweg gefegt, er hat sich auch gewaltig in uns selbst erhoben, so sehr, dass wir ihn als das Prinzip der Welt und unseres Lebens erfahren haben. Die Welt um uns herum ist zu einer unbewohnbaren Wüste geworden, in welcher der Wind der Zufalls notwendigerweise Dünen häuft. Wir selbst wollen diesen Zufall, und wir häufen Dünen, um uns selbst dabei zu raffen. Wir sind Nomaden geworden.
Vilém Flusser (Von der Freiheit des Migranten. 1994)

Als 'Nomaden' (v. griech. - nomás „mit Herden herumziehend“; - nomos bedeutet ursprünglich „Weideland“; siehe auch Nomos) werden Menschen und Gesellschaften bezeichnet, die aus kulturellen, ökonomischen oder weltanschaulichen Gründen ein nicht sesshaftes Lebenskonzept wählen. Besonders Viehzucht, Jagd und Fischfang bedingen nomadische Lebensformen. Heute kommen Lebensstilgründe hinzu. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die geographische Verbreitung des Phänomens. Traditionelle nomadische Lebensformen im einzelnen werden im Artikel Nomadismus behandelt.

Nomadische Lebensweisen werden Anfang des 21. Jahrhunderts im Kontext von Globalisierung und Digitalisierung der Lebens- und Arbeitswelt neu betrachtet. Das Nomadentum avanciert zu einer gleichberechtigten Lebensform neben der Sesshaftigkeit. Dabei wählen vor allem gut ausgebildete „Trendsetter“ diese Arbeits- und Lebensform bewusst, während schlechter ausgebildete Arbeitnehmer in diese Rolle eher hineingedrängt werden. Besonders in westlichen Industrieländern wird von Führungskräften, aber auch von einfachen Arbeitern ein immer höheres Maß an Flexibilität und Mobilität erwartet. Damit sind viele Vorteile (z. B. Freiheit, Lebenssinn, Selbständigkeit) aber auch Nachteile (Entgrenzung, Unsicherheit, Instabilität) verbunden. Insgesamt werden seit der Industrialisierung immer mehr und immer öfter Funktionen aus Familie und Privathaushalt herausgelöst, was nicht selten zu Tendenzen zu einem innerstädtischem Nomadentum führt.

Wikipedia Enzyklopedie


[ ... ] Die alte Polarisierung zwischen dem Institutionellen und dem Nicht-Institutionellen (affirmativ versus subversiv, Victor Turner u.a.) ist langsam weggefallen; statt dessen erkennen wir, wie der Nomadismus als "kreative Maschine" (vgl. die "Kriegsmaschine" von Deleuze) sich in Richtung einer Semi-Institutionalisierung entwickelt. Die festen Häuser stehen bereit, die alten subversiven Kunststrategien zu beherbergen. Der Künstler gerät in ein Dilemma, und wir sehen eine neue Konfrontation voraus, die dazu führt, daß die Kreativität von Nomadismus neu gedacht werden muß.

In der Folge hat die Verbindung zwischen Nomadismus und Kunst innovative Strategien hervorgebracht, die jetzt als Kunsterfahrung weiter entwickelt werden können.
[ ... ]
 aus TRANS Nr. 15 pfeil - 273335.1
aus dem Bericht: Nomadentum / Nomadism
von Knut Ove Arntzen (Bergen) / Ulf Birbaumer (Wien)


The Nomad Aesthetic


Art production is increasingly being undertaken on the move, literally and figuratively, in our world of mobility, speed and quick morphing. These conditions have given rise to what we would describe as a 'nomad aesthetic', operating across borders and idioms, artistic canons and popular expectations. [ ... ]
LEAD ESSAY pfeil - 273335.1
art india 11/2002  pfeil - 273335.1












Nomadismus außerhalb und innerhalb der Archive
Kurt Röttgers


Als es noch eine zweidimensionale Welt gab, konnte man glauben, daß die dritte Dimension, d. h. der Blick von oben in das Labyrinth, das natürlich – siehe Sonnenkult
– nach oben hin offen war, denjenigen Über-Blick gestattete, der zugleich mit dem
Einblick in die Struktur des Labyrinths („Weltformel“, „Genomformel“) gestattete, die
eigene Position in ihr zu lokalisieren.
Es gibt sogar Leute, die das immer noch
glauben, bzw. ihrem Unglauben durch enorme Forschungsinvestitionen auf finanziel-
le Art abzuhelfen versuchen. Tatsache ist, daß jede neue Dimension wirklich neue
Durchblicke (Perspektiven) eröffnet, aber eben nicht den einen Über-Blick.
Mit der Eröffnung neuer Durchblicke wird nichts anderes getan, als die Komplexität des Labyrinths zu steigern, d. h. das Labyrinth wachsen zu lassen. Denn das Wachsen des
Labyrinths der Welt ist ja nicht auf ein Wachsen der Welt, sondern darauf zurückzu-
führen, daß wir uns in dieser Welt bewegen, d. h. eher auf das Wachsen der Archive
als auf ein Wachsen des Außerhalbs der Archive. Jedes Gewußte aber erzeugt, so-
bald es gewußt worden ist, stante pede eine neue Dimension des zwar prinzipiell
Wißbaren, aber doch momentan noch Ungewußten. So wuchern die Ordnungsstruk-
turen, sobald man sie nur anwendet, sich zu einem Labyrinth aus, das schneller zu
wachsen scheint, als wir Auswege aus dem Labyrinth ersinnen können, und zwar
gerade nicht, weil es uns an Kräften mangelt, sondern im Gegenteil weil unsere Kräfte zu groß sind und wir so aktiv beteiligt sind an dem Wachsen des Labyrinths.
Jeder Ariadne-Faden erweist sich als in sich selbst labyrinthogen.


Dann aber bleibt die Frage, welche Form von
Bewegung ist die in einem labyrinthischen Archiv angemessene Bewegungsform.
Dazu meine These: die nomadische.





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Das zeitgenössische Theater hat schon lange die Blackbox verlassen womit der Blick auf die Landschaft menschlicher Oberflächen- und Tiefennavigation und dem Theater als Verhandlungsraum zeitgenössischer Prozesse frei gibt.

T.J.Jelinek 2004



postdramatisches Theater





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Der Begriff 'Postdramatisches Theater' stammt aus der Hand des Frankfurter Theaterwissenschaftlers Hans-Thies Lehmann, der hierunter Tendenzen und Stilmittel von Theater seit den ausgehenden 1960er Jahren beschreibend zusammenfasst. Als postdramatisch bezeichnet Lehmann ein Theater, das sich nicht mehr vorrangig an das Primat des Dramas, sprich an den literarischen Dramentext hält, sondern eine Ästhetik entwickelt, die in der Aufführungssituation eine Möglichkeit aufbaut, den Dramentext in ein spezielles Verhältnis zum materiellen Bühnengeschehen zu setzen, um hierdurch eine entsprechende Wahrnehmung beim Zuschauer zu erzwingen. Postdramatisches Theater zielt somit weniger darauf ab, ein Drama „textgetreu“ zu inszenieren, als durch räumliche, visuelle und lautliche Zeichen eine entsprechende Wirkung beim Zuschauer zu erzielen. Es darf allerdings nicht etwa mit Brechts Konzept (Episches Theater) verwechselt werden, da Brecht nachweislich an der Fabel festhält und so, trotz aller Verfremdung, einen dramatischen Theaterbegriff vorzieht. Postdramatisches Theater kennt, den Gedanken radikal zu Ende gedacht, keine „Handlung“ mehr, sondern konzentriert sich darauf, die Aufführung zu zentralisieren und den Kommunikationsprozess zwischen Schauspielern und Publikum anzusprechen. Zusammengefasst meint das postdramatische Theater solche Arbeiten, in denen der literarische Text, also das eigentliche Drama, nicht länger zentraler Gegenstand im Aufführungsprozess ist, sondern andere Zeichen besonders hervortreten. Theater stellt so seine phänomenologische Weise aus, um in ein spezielles Verhältnis zum Text zu geraten. Die Definition des Begriffes ist umfassend und daher nur bedingt einheitlich definierbar. Die Frage, ob bereits in der historischen Avantgarde Anzeichen von Postdramatik vorhanden sind, wird von Lehmann damit beantwortet, dass auch die Vertreter der anti-bürgerlichen Avantgarde noch das Drama als zentrale Referenz im Auge behielten. Lehmanns großer Essay wird vor allem in der Theaterwissenschaft unter Studenten sehr gerne und freizügig zitiert und verwendet, meistens leider nur partiell. Schlechterdings lässt sich aus Lehmanns Essay beliebig zitieren; dabei sollte sein Konzept vom postdramatischen Theater jedoch besser in seiner Gesamtheit - unter den ästhetischen Schwerpunkten Zeit, Raum, Material, Körper, Drama etc. - beachtet werden. Nützlich wird Lehmanns Theorie wenn es darum geht, aktuelle Fragen zu Theater und dessen Möglichkeiten neu zu stellen, so etwa die Frage nach dem Verhältnis von Theater und Politik bzw. dessen politischer Wirkung. So plädiert Lehmann getreu seiner Theorie dafür, das Politische nicht im Inhalt (etwa eines Theaterstückes) zu suchen, sondern in der „Form“ des Theaters, sprich im Aufführungsprozess, der unterbrochen und in seiner Regelmäßigkeit bewusst gemacht werden soll. Diese Eigenart wird für jede Inszenierung neu zu prüfen sein.







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